Böse Überraschung im ehemaligen Stasigefängnis in Potsdam

von Jürgen Hestler

Mit dabei war auch der Kassierer der SPD Weissacher Tal Ulrich Noack. Seine Betroffenheit  ob der Verhörmethoden wurde von Raum zu Raum größer. Er kannte dies doch alles aus Erzählungen seines Vaters. Eine Spezialität in Potsdam war der Hodenstrahl. Häftlingen wurde so lange mit kaltem Wasser aus einem Wasserschlauch auf die nackten Genitalien gespritzt, bis sie unter Schmerzen zusammenbrachen und gestanden. Eine frühe Form von water-boarding.

Und dann die böse Überraschung. In einem ehemaligen Verhörzimmer ein Dokument mit dem Namen Heinz Noack. Es war sein Vater. Er war offensichtlich Untersuchungshäftling und Folteropfer in Potsdam.

Ulrich Noack wusste es nicht. Er war den Tränen nah. Er wusste nur, dass sein Vater im Jahre 1948 zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt war. Sein Verbrechen: Bildung einer illegalen SPD-Gruppe in Guben. Er gehörte zu einer Gruppe von jungen Leuten, die sich gegen die Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED wehrten und das Fähnlein der SPD hoch hielten. Fünf Jahre hat er davon unter widrigsten Bedingungen im berüchtigten Gefängnis in Bautzen abgesessen.

Nach dem Tode von Stalin im Jahre 1953 wurde er entlassen. Er sah seinen Sohn Uli zum ersten Mal und flüchtete mit seiner Familie in den Westen.

Die unerwartete Begegnung mit der eigenen leidvollen Familiengeschichte berührte nicht nur den Sohn. Auch die übrige Delegation war sprachlos. Vor allem ob der Begründung für die Folterhaft.

Für die sozialdemokratischen Berlin-Delegation aus dem Weissacher Tal war an diesem Tag eines klar: Ein solches Schicksal ist auch eine Verpflichtung für heute. Leute wie Heinz Noack haben es verdient, seine sozialdemokratischen Ideale weiterzutragen. Allen Widrigkeiten und Wahlumfragen zum Trotz.

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